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29. August 2005

Letzte Werte

Letzte Werte vor der Grenze


Frisch, frei, fromm und froh durch Deutschland wandernd, kommt es nicht selten vor, dass der unbedürftige Wandersmann inne hält, um sich an den dargereichten Schildern zu orientieren. Fragen tut er sich dann oft, wo eigentlich bei uns die Werte abgeblieben sind, oder wer hat wann wo was erfunden.
Nachdem ich am Freitag zusammen mit "the marvelous" Frau Oyl in the Mokkagruft die Kinder gehütet habe, brauchte ich tags darauf eine gehörnte Portion Ausgleich, um den grassierenden Wertezerfall zu parieren.
Im (UEFA)Stadtmagazin wird jedoch mein Optimismus gleich wieder getrübt, offenbar das falsche Blatt um meinen Hunger nach den "letzten Werten vor der Grenze" zu stillen. Eine Stören-Coiffeuse bietet ihre Dienste per Inserat an. Erst skeptisch rief ich nach getanem Frühstück bei der Haareschneiderin an, auf dass sie sogleich mit ihrem Goldwellköfferchen bei mir anrücke und mir den Spliss aus dem Antlitz schneide. Ich war noch im Begriff alles für die sakrale Aktion bereit zu stellen (Fön, Trockenhaube, Blutwanne, Därme...) als es schon sturmläutete und die Hairdresserin vor der Tür stand. Jung wie Anton und mit gestöpseltem I-Pod betrat die Maid meine (noch) heiligen Hallen. Sie legte gleich los und war zehn Minuten später bereits wieder auf der Schwelle, bereit zum nächsten Termin zu eilen.
Weinend und mit einer Leere in welcher die schöneren Echos als am Königsee entstanden, blieb ich zurück. Auf der Denkblase eine neue Frisur, mit der ich mich nun ganz und gar nicht infizieren konnte und schlimmer noch, ich hatte weder die neueste Glücks Post  noch die Burdas der letzten Monate durchgeblättert Mein Durst nach Quartier Tratsch wurde auch nicht gestillt denn die einzigen Worte, die wir wechselten drehten sich um den Preis.
Ich frage mich: Wer in unserer Dienstleistungswüste brütet solch kranke Ideen aus - eine Stören-Coiffeuse?
Ich war am Ende und musste mich mit alt bewährten Hausmittelchen vor schlimmerem bewahren. Ich brachte eine veritable Menge Industriealkohol in meinen Besitz und begab mich in die Abgeschiedenheit der Natur. Bei der Talstation vom Skilift Schwanden brachte ich dann die Flüssigkeit gezielt in die stoffwechselwirkliche Umlaufbahn, bis mir Hören und Sehen verging. Mildtätige Zwerge (wahrscheinlich die gehüteten Kinder vom Vorabend) gaben acht, dass ich mich beim andauernden umfallen nicht ernsthaft verletzte. Danke, von den Hämatomen werde ich Euch eine Landkarte erstellen, welche Ihr Euch über Eure sieben Bettchen hängen könnt, als Abschreckung. Zum glück bin ich nicht tätowiert.

Jemand (Gott?) muss dann am Sonntag den Film wieder geklebt haben und ich erfreute mich daran, dass sich das Pilzgratin vom Sonnabendabend, lauthals auf den Weg machen wollte, meinen geschundenen Körper zu verlassen. Einen vermeintlich "Letzten Wert" durfte ich dann am Sonntag noch erfahren, auf meinem finalen Weg nach Hause. Zwei ältere Frauen verliesen gerade, in sonntäglichen Zwirn gehüllt, die Neuappostolische Kirche, eilten nach Hause um die dort wohnhafte Scherryflasche zu entern. Ihr kennt alle die Situation: Der Gehsteig ist versperrt und der Fussgänger von jünglichem Drang geplagt, lotet instinktiv Ausweichstellen aus, um das Hindernis zu überholen. Ich hatte dann allerdings zu lange gezögert, denn plötzlich zerriss ein schauderhafter Lärm die sonntägliche Stille und eine dunkel gefärbte Giftwolke machte sich daran meiner neuen Frisur den Rest zu geben. Durch das viele Sitzen in der Kirche muss sich im Bauch der einen Rentnerin eine todbringende Gasblase gebildet haben, welche sich durch die Gehbewegung aus dem alten Knochengebälk befreien konnte. Die andere Frau verneigte sich fast vor Ehrfurcht und attestiert der Freundin florierende Gesundheit.
Nachdem ich mich aufrappelte und wieder etwas zu Kräften gekommen war, gab es bei mir kein Halten mehr und ich schaltete mich lauthals in das Gespräch ein. Ich gab zu bedenken, dass eine gute Gesundheit schon etwas schönes sei, dass aber immer auch die Schattenseiten zu beleuchten seien. Erschreckt durch meine unverblümte Einmischung sprangen sie zur Seite und liessen mich, wohl etwas konsterniert passieren. Ich eilte von Dannen, hörte aber noch lange ihr geschnatter. Aus Achtung vor dem Alter unterliess ich es, hier mit meinen letzten Pilze auch noch die Atmosphäre zu kontaminieren, man ist ja kein Unmensch.


D J B r u t a l o @ s c h n u l l i b l u b b e r . c h

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